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Expertengespräch

Herr Dr. Werner Voss

ist Dermatologe bei der Firma Dermatest in Münster

Herr Dipl. Kfm. Heiko Hünemeyer

ist geschäftsführender Gesellschafter der Firma Schaebens in Frechen

Hier im Expertenforum beantworten sie Fragen im Zusammenhang mit der 7. Änderung der EG-Kosmetik-Richtlinie und die Auswirkungen dieser Novelle für den Verbraucher:

Welches sind die wesentlichen Veränderungen, die die 7. EU-Kosmetikrichtlinie für den Verbraucher mit sich bringt?

Herr Hünemeyer:
Die Veränderungen bieten dem Verbraucher in erster Linie ein größeres Informationsrecht und eine verbesserte Kennzeichnung der kosmetischen Produkte. 

So haben Verbraucher ab dem 11. September dieses Jahres das Recht, auf Anfrage zusätzlich bestimmte Informationen vom Kosmetikhersteller zu erhalten. Diese Informationen umfassen Angaben zur Zusammensetzung des Produktes und zu unerwünschten Nebenwirkungen, die in Bezug auf das Produkt aufgetreten sind. 

Bez. der Angaben zur Zusammensetzung muss der Hersteller bzw. Importeur auf Anfrage die qualitative und sogar teilweise die quantitative Rezeptur offen legen. Hierzu werden die einzelnen Bestandteile der Rezeptur in absteigender Reihenfolge mit ihren INCI-Namen aufgelistet. Diese Art der Deklaration kennt der Verbraucher bereits seit vielen Jahren von der Verpackung her. Darüber hinaus besteht die Verpflichtung, für all diejenigen durch eine Richtlinie als problembehaftet erfassten Bestandteile, eine quantitative Konzentrationen anzugeben.

Herr Dr. Voss:
Diese Angaben zur Zusammensetzung sind wir ja alle von Arzneimitteln gewöhnt. Dort ist es eine Selbstverständlichkeit. Für Kosmetika bedeutet dies in Zukunft noch mehr Sicherheit. Besonders wichtig sind diese Informationen für Personen, die einzelne Stoffe in Kosmetika nicht vertragen. Der Verbraucher kann sich jetzt schon vor dem Kauf genau informieren und ein eventuelles Risiko meiden.

Wie kann sich der Verbraucher diese Angaben zu unerwünschten Nebenwirkungen vorstellen und wie könnte die Antwort auf eine Kundenanfrage lauten?

Herr Hünemeyer:
Die Angaben zu unerwünschten Nebenwirkungen müssen nach Menge und Art benannt werden, hierbei wird differenziert nach Hautreizungen und Hautallergien. Zu beachten ist außerdem, dass nur diejenigen Reaktionen zu berücksichtigen sind, die von einem Spezialisten wie z. B. Herrn Dr. Voss medizinisch bestätigt worden sind.

Eine mögliche Antwort auf eine entsprechende Anfrage des Verbrauchers könnte somit z. B. lauten:

„Bislang sind europaweit pro Million verkaufter Packungen 5 unerwünschte Nebenwirkungen, davon 3 Reizungen und 2 allergische Reaktionen bekannt geworden, die nachweislich mit der Verwendung dieses  Produktes in Zusammenhang gebracht werden konnten.“

Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit für den Verbraucher ein, von Reizungen und Allergien durch kosmetische Produkte betroffen zu werden?

Herr Dr. Voss:
Dazu muss man natürlich sagen, dass das  „Risiko“ eines kosmetischen Produktes bereits heute sehr gering ist. Hierzu liegen genaue Zahlen vor. Nach einer Statistik des IKW liegt die Anzahl der bestätigten Unverträglichkeiten durchschnittlich lediglich bei 1,1 pro 1 Million verkaufter Packungen.

Die jetzt per Gesetz aufzulistende Unverträglichkeitsquote könnte darüber hinaus dabei helfen, evtl. auftretende neue Unverträglichkeiten eher zu erkennen und zu beheben.

Gibt es noch weitere Änderungen bezüglich der Kennzeichnungspflicht?

H. Hünemeyer:
Neben dieser Stärkung der Informationsrechte für den Verbraucher gibt es zusätzlich noch zwei Änderungen bei der Kennzeichnung. Ab dem 11. März des nächsten Jahres treten beide in Kraft und gelten für alle kosmetischen Produkte, die ab diesem Datum vom Hersteller bzw. Importeur in den Verkehr gebracht werden.

Die erste dieser beiden neuen Vorschriften regelt die Kennzeichnung von 26 Stoffen im Rahmen der Inhaltsstoffdeklaration gemäß INCI. Diese 26 Stoffe sind für den überwiegenden Teil aller unerwünschten Nebenwirkungen in Form von Allergien verantwortlich.

Allergiker, die bereits durch einen vollzogenen Allergietest wissen, auf welchen dieser Stoffe sie allergisch reagieren, können nun die entsprechenden Produkte meiden. Enthält ein kosmetisches Produkt einen oder mehrere dieser festgelegten 26 Stoffe oberhalb einer festgelegten sehr geringen Konzentration so sind diese Stoffe in der INCI-Liste mit anzugeben. Da diese 26 Stoffe sehr häufig Bestandteile von Parfums, pflanzlichen Extrakten, natürlichen ätherischen Ölen usw. sind, werden sehr viele kosmetische Produkte von dieser neuen Kennzeichnungsregel betroffen sein.

Bringt die zusätzliche Deklaration dieser 26 Stoffe tatsächlich Hilfe für Allergiker?

Dr. Voss:
Diese zusätzliche Deklaration der 26 Stoffe, die nach den weltweiten Statistiken Allergien auslösen könnten, ist eine extreme Maßnahme zur Verbesserung der Sicherheit. Hier stößt man auch an die Schwelle der Machbarkeit, denn für viele dieser Stoffe besteht z. Zt. noch keine Möglichkeit der Testung. Es sollen z.B. bis März 2005 (Frist für die Umsetzung der Deklarationspflicht) erst Tests für 18 von diesen 26 Stoffen zur Verfügung stehen.

Vielleicht kann man dann auch zahlreiche Unverträglichkeitsreaktionen klären, die bisher nicht auf allergische Reaktionen zurückgeführt werden konnten. Denn die allgemeine Meinung, dass natürliche Inhaltsbestandteile in Kosmetika keine Allergien auslösen können, ist völlig falsch.  Häufiger als Parfums, die heute weitestgehend als sicher gelten können,  sind Naturstoffe, insbesondere Pflanzenbestandteile, der Auslöser allergischer Reaktionen. Auch hier gilt wie auch im medizinischen Bereich: im Zweifel hilft nur ein exakter Test weiter.

Heiko Hünemeyer:
Unser Unternehmen wird sukzessive bei allen Rezepturen soweit wie möglich und sinnvoll nur noch Parfums einsetzen, die keine oder möglichst wenige dieser allergieauslösenden Stoffe enthalten. Wir hoffen damit, das Risiko von Reizungen und Allergien weiter einzugrenzen. Allerdings liegt die Quote der Unverträglichkeiten bei Schaebens Produkten mit Unverträglichkeitsrate mit 0,05 pro 1 Million verkaufter Packungen noch einmal 95,60 % niedriger als der Durchschnitt.

Sie sprachen noch eine weitere neue Kenzeichnungspflicht an?

Heiko Hünemeyer:
Richtig, die zweite neue Kennzeichnungsvorschrift betrifft Produkte, die länger als 30 Monate haltbar sind. Sie müssen mit einer sog. Anbruchstabilität  gekennzeichnet werden. Sie gibt den Haltbarkeitszeitraum nach dem erstmaligen Öffnen durch den Verbraucher an und wird mit einem Symbols auf der Packung angegeben. Das Symbol besteht aus einem geöffneten Tiegel, einer Zahl und dem Buchstaben „M“. „M“ steht hierbei für Mensis, das lateinische Wort für Monat und die Zahl für die Anzahl der Monate.

Auch hier gibt es Ausnahmefälle: Keine Kennzeichnung zur Anbruchstabilität benötigen:

  • Produkte, die ein Haltbarkeitsdatum tragen (also solche, die nicht länger als 30 Monate haltbar sind)
     
  • Produkte, die zum einmaligen Verbrauch vorgesehen sind, wie z. B. Gesichtsmasken im Beutel, Abdrehkapseln u. ä.
     
  • Produkte, die vom Verbraucher nicht geöffnet werden, wie z.B. Aerosoldosen.
     
  • Produkte, bei denen aufgrund ihrer Eigenschaften durch z. B. ihren hohen Alkoholgehalt kein mikrobiologisches Wachstum möglich ist.)
     

Von dieser zweiten neuen Kennzeichnungsregelung werden sehr viele kosmetische Produkte betroffen sein, weil nach wie vor viele Hersteller auf ihren kosmetischen Produkten kein Mindesthaltbarkeitsdatum angeben wollen bzw. die Produkte eine Mindesthaltbarkeitsdauer von mehr als 30 Monaten haben.

Herr Dr. Voss, wie beurteilen Sie Anbruchstabilität aus dermatologischer Sicht?

Dr. Voss:
Zur Anbruchstabilität ist aus dermatologischer Sicht zu sagen, dass Kosmetika auch bisher schon sehr sicher sind. Diese Kennzeichnung optimiert diesen Punkt. Optimal ist es sicherlich, ein Mindesthaltbarkeitsdatum auf seinen kosmetischen Produkten angegeben, so wie dies auch bei Arzneimitteln üblich ist.

Herr Hünemeyer, wie beurteilen Sie die neuen Richtlinien für Ihr Unternehmen?

Heiko Hünemeyer:
Die Umsetzung der Anforderungen der 7. Änderung der EU-Kosmetik-Richtlinie stellt natürlich eine große Herausforderung für unser Unternehmen dar und ist auch mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden. Für unsere Produkte haben wir inzwischen alle Änderungen umgesetzt - die neuen Informationen können ab Mitte September auf unserer Homepage unter Rezepturen abgerufen werden.

Bei Schaebens steht von jeher der Verbraucher und seine Wünsche bzw. seine zu lösenden Probleme im Mittelpunkt unseres Interesses. Da die 7. EU-Kosmetikrichtlinie vom Gedanken des Verbraucherschutzes und der Stärkung der Verbraucherrechte getragen ist, kommt dieser Ansatz unserem Bestreben nach möglichst großer Verbraucherakzeptanz sehr entgegen.

Herr Dr. Voss, Herr Hünemeyer, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 

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